Moderne Führung ist fluid und ein Balanceakt zwischen traditionellen und neuartigen Leadership-Ansätzen. Ein Repertoire verschiedener Führungsstile ist gefordert, um situationsspezifisch effektiv führen zu können. Sieben Spannungsfelder helfen, den eigenen Führungsstil zu analysieren und das eigene Leadership Potenzial zu erweitern.
"People quit their boss, not their company", ist ein bekannter Ausdruck, der von Studien untermauert wird. 57% der Mitarbeitenden kündigen aufgrund ihrer Vorgesetzten und weitere 32% haben gemäss DDI aus diesem Grund schon eine Kündigung in Erwägung gezogen.
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Engagierte Mitarbeitende, Talente und Fachkräfte aufgrund mangelnder Leadership-Qualitäten zu verlieren, schadet jeder Organisation mehrfach: die Produktivität leidet, Fluktuation verursacht Kosten und unreflektierte Chefs werfen ein schlechtes Licht auf die Firma - mit potenziell negativen Folgen für die Reputation der Organisation.
Umgekehrt zahlen sich Investitionen in die Leadership-Qualitäten von (angehenden) Führungskräften aus: Nicht nur die Mitarbeitenden profitieren von kompetenteren und reflektierten Vorgesetzten. Auch die Führungskraft ist zufriedener mit ihrer Arbeitsleistung und fühlt sich vom Arbeitgeber geschätzt und gefördert.
Weil Arbeiten in einem guten Leadership-Umfeld nicht nur produktiver ist, sondern auch mehr Spass macht, engagiert sich Sparkr leidenschaftlich gerne als Sparring Partner für die Erweiterung des Leadership-Repertoires von (angehenden) Führungskräften.
Es ist Zeit, über die hohen Ansprüche, die an Führungskräfte gestellt werden, zu reden und die Spannungsfelder aufzuzeigen, in denen sich Führungspersönlichkeiten tagtäglich bewegen müssen.
Ein Framework zur Reflexion und Entwicklung der eigenen Leadership-Kapazitäten
In diesem Essay werden wir sieben Spannungsfelder zwischen traditionellen Führungselementen und aufkommender, neuer Führungsphilosophien kennenlernen und besprechen. Dazu gehören Spannungsfelder bezüglich des Umgangs mit Macht, Kommunikation, Veränderung, Expertentum oder Perfektion.
Die traditionellen und neuartigen Führungsstile haben alle ihre Vor- und Nachteile. Es geht darum, für den jeweiligen Kontext den passenden Mix zu wählen. Moderne Führung ist fluide Führung. Dies macht Leadership zu einer anspruchsvollen Aufgabe für Führungskräfte und erfordert eine hohe Bereitschaft zur Selbstreflexion und zum Training in der Praxis.
Dem hohen Anspruch, die in diesem Essay vorgesellten Führungsdimensionen auszubalancieren, werden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit nie gerecht. Die Ausdifferenzierung der sieben Spannungsfelder bietet aber eine gute Orientierung, um als Führungskraft zu wachsen und gezielt in die eigene Transformation vom Manager hin zum Leader zu investieren. Sparkr begleitet Sie gerne dabei als Sparring Partner für Leadership.
Führung im Wandel der Zeit
Seit Menschen zusammenkommen, um Grosses zu erreichen, sind Führungsqualitäten gefragt. Nur mit effektiver Führung werden aus vagen Visionen konkrete Erfolge. Doch was sind diese Führungsqualitäten und wie verändern sie sich über die Zeit?
Es ist selbsterklärend, dass die Führungskompetenzen aus vergangenen Jahrhunderten nicht ohne Weiteres in die Moderne geprägt von Digitalisierung und VUCA übertragen werden können (VUCA steht für Volatility, Uncertainty, Complexity and Ambiguity). Führung ist evolutiv und geht mit der Zeit. Gewisse Qualitäten bleiben zeitlos erhalten während neue hinzukommen.
Moderne Führung ist fluid
Für dieses Essay unterscheiden wir zwischen einem traditionellen Führungsstil und einem neuen, aufstrebendem Führungsstil. Beide haben ihre Vor- und Nachteile und effektive Führung bedeutet zum richtigen Zeitpunkt die passenden Führungsqualitäten anzuwenden.
Wer an seinem eigenen Führungsstil rigide festhält und diesen nicht kontextsensitiv anpassen kann, nimmt das Risiko in Kauf, Talente jüngerer Generationen nicht anwerben und im Unternehmen halten zu können, auf Veränderungen in der Wirtschaftswelt nicht reagieren oder die Produktivität der Firma nicht hochhalten zu können.
Sieben Dimensionen traditioneller Führung
Schauen wir uns an, welche Charakteristiken bei traditionellen Führungskräften oft beobachtet werden können:
- Machtkonzentration und Kontrolle
- Expertentum und klare Anweisungen
- Umsetzungsbezogen und taktisch
- Beständigkeit und Stabilität
- Tiefgang und Spezialisierung
- Perfektion
- Intuitiv entscheiden
Was ist mit diesen einzelnen Punkten gemeint? Schauen wir sie uns an:
Mit Machtkonzentration ist gemeint, dass Führungskräfte traditionell bestrebt waren, ihre Macht zu konzentrieren und nicht mit anderen zu teilen. Der Anspruch auf Kontrolle ist hoch. Stichwort Mikro-Management.
Das Demonstrieren von Kompetenz durch Expertentum und klare Anweisungen geben kennen wir von traditionellen Führungskräften, die glauben, als Führungskraft alles wissen zu müssen und jederzeit klare Ansagen machen zu können.
Die Fokussierung auf Umsetzung und Taktik meint, dass konkrete Pläne und inkrementelle Optimierungen mehr im Vordergrund stehen als das grundlegende Hinterfragen von allem oder das visionäre Denken.
Auch bekannt ist das Verhalten von Führungskräften, welches wenig Spielraum für Neues zulässt und hohen Wert auf Beständigkeit und Konstanz legt. Stabilität hat diverse Vorteile: Zum Beispiel erlaubt Stabilität Planbarkeit. Ein stabiles Umfeld und stabile Zielsetzungen erlauben zudem, Jahr für Jahr die eigene Expertise zu erhöhen.
Dies wird als erstrebenswert erachtet, weil damit Tiefgang und Spezialisierung auf ein bestimmtes Fokusgebiet möglich wird.
Damit verbunden ist auch der nächste Punkt: Perfektion. Nur wer in einer stabilen Umgebung tätig ist, hat die Möglichkeit in diesem berechenbaren Umfeld nach Perfektion zu streben und diese zu fordern. Perfektion braucht viel Stabilität, Hingabe und Zeit.
Bei traditionellen Führungskräften ist auch verbreitet, dass sie intuitiv auf der Basis ihrer Erfahrung entscheiden und ihre eigene Erfahrung hoch gewichten.
Neue Führungskonzepte für neue Zeiten
In der Auflistung der traditionellen Führungscharakteristiken wird hoffentlich deutlich, dass diese nicht per se schlecht sind oder unisono über Bord geworfen werden sollten.
Vielmehr stellt sich die Frage, welche dieser Führungsstilelemente auch in der heutigen VUCA-Welt einen Mehrwert stiften können. Manchmal bedarf eine unbeständige, verwirrende Welt gerade explizit traditionelle Qualitäten, um beispielsweise Mitarbeitenden Sicherheit zu spenden. Es kann aber auch ratsam sein, in neuen Zeiten neuartigen Führungsstilen offen gegenüberzustehen.
Bevor wir uns den Spannungsfeldern zwischen traditionellen und neuen Stilelementen widmen, schauen wir uns die aufstrebenden Charakteristiken an:
- Macht teilen
- aktiv Zuhören
- Visionär denken und inspirieren
- Wandel als Konstante
- Offenheit für die Breite
- Tempo vor Perfektion
- Daten basiert entscheiden
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Neu ist nicht automatisch besser
Wer Macht dezentralisiert und teilt, erlaubt anderen Personen zu wachsen und Verantwortung zu übernehmen. Zudem kann das Delegieren helfen, Freiräume für strategische Themen zu schaffen und sich auf eigene Stärken zu fokussieren.
Das aktive Zuhören im Vergleich zum Expertentum, wo der Glaube vorherrscht, stets alle Antworten kennen zu müssen, fördert eine Grundhaltung der Neugierde und des lebenslangen Lernens. So können wir die sich schnell verändernde und komplexe Welt besser verstehen. Während das Expertentum suggeriert, alles oder zumindest vieles zu wissen, symbolisiert das aktive Zuhören, für neue Informationen und Perspektiven offen zu bleiben. Expertentum muss sich per Definition auf einen schmalen Bereich konzentrieren; die VUCA-Welt allerdings erfordert auf strategischer Ebene ein sehr breites und vernetztes Denken, welches primär durch aktives Zuhören und Fragen stellen kultiviert werden kann.
Das visionäre Denken und Inspirieren kümmert sich im Gegensatz zum umsetzungsbezogenen, taktischen Denken des traditionellen Führungsstils nicht um organisatorische Details, sondern will Mitarbeitende für eine Mission begeistern und diese so mit auf den Weg nehmen.
Dieser Punkt illustriert schön, dass es der Anspruch einer modernen Führungskraft sein muss, die richtige Balance im Spannungsfeld der Führungsstile zu treffen. Wer nur visionär kommuniziert, wird keine effizient funktionierende Organisation schaffen. Wer nur taktisch und umsetzungsbezogen kommuniziert, wird die Firma und die Mitarbeitenden nicht durch eine unsichere Zukunft führen können.
Proaktiver oder fremdbestimmter Wandel
Wer den Wandel als Konstante etabliert, der sieht es als Stärke, sich fortlaufend an neue Informationen und Situationen anpassen zu können. Auch hier erkennen wir unmittelbar den Kontrast zum traditionellen Führungsstil, wo Beständigkeit und Stabilität im Vordergrund stehen.
In diesem Spannungsfeld zwischen steter und vollumfänglicher Anpassungsfähigkeit auf der einen Seite und dem Bedürfnis nach Stabilität auf der anderen wird einmal mehr deutlich, dass eine effektive Führungspersönlichkeit nicht radikal nur den traditionellen oder nur den neuartigen Führungsstil verfolgen sollte.
Vielmehr geht es darum, in der jeweiligen Situation den richtigen Mix zu finden: Eine Organisation, die sich aufgrund eines Anpassungswahns in konstanter Re-Organisation befindet, wird nie in eine performante Phase kommen (siehe hierzu das Phasenmodell von Tuckmann und Klotz mit den typischen Phasen Forming, Storming, Norming, Performing etc.).
Hinzu kommt das urmenschliche Bedürfnis nach Stabilität und Sicherheit, welches in einer konstanten Re-Organisation Schaden nimmt und eine lähmende Wirkung entfalten kann.
Wer im Gegensatz dazu aus Angst vor dem Wandel den Kopf in den Sand steckt, wird früher oder später allen Stabilitätsbedürfnissen zum Trotz aufgrund der Marktkräfte unter Druck geraten.
Done is better than perfect
Die Offenheit für die Breite bringt eine erhöhte Achtsamkeit für die zahlreichen Opportunitäten und Risiken einer VUCA-Welt mit sich. Dies steht in einem Spannungsverhältnis zur Zielsetzung mittels Tiefgangs, Fokus und Spezialisierung Perfektion zu erreichen.
Entsprechend ist in diesem aufstrebenden Führungsstil nicht Perfektion das oberste Ziel, sondern ein hohes Tempo bei der Umsetzung verschiedener Experimente.
Und zum Schluss die Frage nach der Entscheidungsgrundlage: Die fortschreitende Digitalisierung und die zunehmende Menge nützlicher Daten erlauben einen Führungsstil, der auf Daten basiert anstatt nur auf Intuition. Auch hier wird der Königsweg für moderne Führungskräfte situationsbedingt zwischen den beiden Extremen reiner datengetriebener Entscheidungen und blossem Bauchgefühl liegen.
Die Spannungsfelder moderner Führungskräfte
Schauen wir uns die sieben Spannungsfelder zwischen traditioneller und neuartiger Führung in der Übersicht an:
- Macht konzentrieren vs. teilen
- Allwissendes Expertentum vs. aktives Zuhören
- Operatives vs. visionäres Denken
- Stabilität vs. Wandel
- Spezialisierung vs. Breite
- Perfektion vs. Tempo
- Intuition vs. Daten
All diese sieben Dimensionen und Spannungsfelder bieten Stoff für höchst spannende und reichhaltige Diskussionen, denn es gibt keine allgemeingültige Konstellation, welche die perfekte Führungskraft ausmacht. Vielmehr geht es darum, als moderne Führungskraft das eigene Leadership-Spektrum kennenzulernen und zu erweitern, auf der Klaviatur der verschiedenen Führungstonalitäten spielen zu können und kontextsensitiv die vielversprechendsten Stilmittel zu wählen.
Moderne Führung bedeutet Selbstreflexion
In der Praxis wird es kaum möglich sein, zu jeder Zeit den genau richtigen Mix zu finden und diesen auch anwenden zu können. Dafür gibt es zwei Hauptgründe:
- Es mangelt uns an Kompetenzen. Diese können in der Theorie und letztlich primär in der Praxis trainiert werden.
- Wir beschränken unseren Spielraum aus Angst oder Respekt vor anderen Führungsstilen. Diese Ängste können mittels Selbstreflexion adressiert und über Zeit aufgelöst werden.
Wahre Leader-Persönlichkeiten sind leider auch in Zeiten von unzähligen Weiterbildungsmöglichkeiten und Ratgebern Mangelware. Dies liegt u.a. daran, dass bei wahrem Leadership – im Gegensatz zu reinem Management – sehr viel emotionale Intelligenz und Übung gefordert ist, die sich nicht über Theorie allein aneignen lässt. Ein hohes Mass an Selbstreflexion und Willenskraft ist gefragt, um mit jedem Tag Praxiserfahrung eine bessere Führungskraft zu werden.
Ein beeindruckendes Beispiel hierfür bietet Thomas Zurbuchen, der ehemalige Wissenschaftsdirektor der NASA und damit einflussreichster Wissenschafter der Welt mit einem acht Milliarden USD Budget. Unter seiner Führung wurden zahlreiche höchst ambitionierte Missionen wie zum Beispiel die Landung von ferngesteuerten Robotern auf dem Mars erfolgreich durchgeführt.
Zurbuchen sagt, sogar wenn man wortwörtlich „rocket science“ betreibt mit hochkomplexen Technologien sind es dennoch eindeutig die menschlichen und nicht technologischen Herausforderungen, die den Erfolg ausmachen. In anderen Worten: Leadership ist entscheidend für die Leistungsfähigkeit der Teams und den Erfolg.
Deshalb hat Zurbuchen stets Leute in seinem Umfeld, die ganz explizit den Auftrag haben, ihn als Führungskraft herauszufordern und seine Gedankengänge als Sparring Partner zu reflektieren. Diese und weitere Leadership-Prinzipien können in der Sparkr Podcast Episode mit Thomas Zurbuchen nachgehört werden (siehe Boxtext)
Podcast Empfehlung: Leadership Prinzipien von Thomas Zurbuchen
Thomas Zurbuchen ist eine beeindruckende Leadership-Persönlichkeit mit unzähligen Führungsweisheiten und konkreten Tipps für Führungskräfte.
Leader setzen sich für die Mission ihres Teams ein, sind gute Beobachter:innen, erkennen Stärken und Schwächen von Kolleg:innen, schaffen Erfolge für ihr Team und haben den Mut, Entscheidungen zu fällen.
Hören Sie sich die Sparkr Podcast Episode Nr. 27 mit Thomas Zurbuchen an und lassen Sie sich inspirieren.
Jetzt anhören auf dieser Website oder jeder Podcast-Plattform wie Spotify und Apple Podcast.
Leadership und der Umgang mit der Angst
Sehr spannend ist auch, dass wir uns selbst in unserem Führungsrepertoire aus Angst oder Respekt vor den Konsequenzen einengen können. Dies lässt sich sehr gut am Spannungsfeld der Macht verdeutlichen:
Wer üblicherweise mit einer hohen Machtkonzentration führt, muss nicht zwingend ein toxischer, autoritärer Herrscher sein. Es ist sehr gut möglich, dass wir diesen Führungsstil aus Angst vor Kontrollverlust wählen oder tief in uns der Glaube verankert ist, dass wir nur wertvoll sind, wenn alle Entscheidungen über uns laufen und von uns gefällt werden. Dahinter könnte also die Frage stehen: Bin ich immer noch wichtig, wertvoll und respektiert, wenn ich meine Macht teile?
Umgekehrt ist es gut möglich, dass wir uns wohl fühlen mit einem Führungsstil, der Macht (und Verantwortung) grosszügig auf mehrere Mitmenschen verteilt. Vielleicht tun wir dies aber nicht, weil wir die Gestaltungsmacht tatsächlich teilen wollen, sondern weil wir ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis haben und wir uns davor fürchten, als autoritärer Herrscher wahrgenommen zu werden, der anderen seinen Willen aufzwingt. Wer eigentlich gerne eine Gestaltungsmacht ausüben möchte aber sich davor fürchtet, den Machtanspruch offenkundig zu erheben, wird wahrscheinlich zu anderen, verdeckt-manipulativen Mitteln greifen, die nicht besser sind als ein aufrichtiger, transparenter Anspruch auf Macht und Verantwortung.
Egal wie die spezifische Beziehung zu Macht letztlich aussieht, als Führungskraft ist es erstrebenswert, wichtig und spannend, den eigenen Spielraum durch Selbstreflexion und Training zu maximieren, um in verschiedensten Situationen das jeweils effektivste Führungsmittel anzuwenden. Das macht moderne Führung aus.
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Die Spannung zwischen Breite und Tiefe
Nehmen wir ein weiteres Spannungsfeld unter die Lupe: Der Umgang mit Spezialisierung auf der einen und Exploration auf der anderen Seite.
Es ist offensichtlich, dass eine Firma nicht die ganze Zeit nur explorativ unterwegs sein und Experimente durchführen kann. Mit einer Offenheit für die Breite wird man nur selten zu einem performanten Unternehmen.
Es gilt also auch hier, mit der Spannung umzugehen vom explorativen Element auf der einen Seite, das radikal Neues entdecken will, und dem vertiefenden Element auf der anderen Seite, das inkrementell voran geht, sobald dank der Exploration ein spannendes neues Geschäftsfeld gefunden wurde. Durch den Tiefgang und Fokus wird im Anschluss an die Exploration Expertise geschaffen und Potenzial ausgeschöpft
Der Professor und New York Times Bestseller Autor Adam Alter hat genau dieses Phänomen eingehend in seinem Buch „Anatomy of a Breakthrough“ untersucht. Im Sparkr Podcast haben wir ausführlich darüber gesprochen (mehr dazu hier).
Die Welle reiten
Das Ziel muss sein, die aktuelle Welle des Erfolgs zu reiten und gleichzeitig die Augen offen zu halten für die nächste Welle, die einem in die Zukunft tragen wird.
Ein hilfreiches Bild hierfür bietet der typische Verlauf des Marktpotenzials eines Produktes, der die Form einer S-Kurve annimmt. Das Marktpotenzial eines neuen Produktes beginnt in der Regel mit einem flachen, linearen Anstieg. Sobald das Angebot die Marktbedürfnisse optimal trifft, setzt ein rapides, exponentielles Wachstum ein (siehe auch das Konzept vom Product-Market-Fit). Dieses flacht wieder ab, sobald der Markt gesättigt ist und neue Innovationen dem aktuellen Produkt den Rang ablaufen.
Wir wollen die aktuelle S-Kurve voll ausnutzen und gleichzeitig die nächste S-Kurve finden und rechtzeitig auf diese aufspringen.
Entsprechend kann in normalen Zeiten eine sinnvolle Strategie sein, die Ressourcen (sei das Finanzen, Personal, Aufmerksamkeit) in drei Bereiche zu unterteilen: 70% Kerngeschäft (die operative Performance auf der aktuellen S-Kurve), 20% für inkrementelle Innovation und Taktik (das Potenzial der aktuellen S-Kurve durch Produktinnovationen voll ausschöpfen) und 10% für radikale Innovation und strategische Transformationen (das Suchen, Finden und Vorbereiten der nächsten S-Kurve abseits der aktuellen Ertragsströme).
Leadership durch sinnvolle Kombinationen
Kommen wir zurück zu den sieben Spannungsfeldern moderner Führung und schauen uns ein typisches Beispiel aus dem Firmenalltag an.
Die Ausdifferenzierung der sieben Dimensionen ist dahingehend interessant, weil die Dimensionen einer Führungskraft erlauben, verschiedene Stilmittel miteinander zu kombinieren, um in einer Situation das Beste herauszuholen.
Nehmen wir folgende Situation: Wir haben einen Strategie-Workshop mit diversen Stakeholdern einberufen und das Ziel ist, Weichenstellungen für die kommenden Jahre der Unternehmung vorzunehmen. Wie können wir nun mit den sieben Dimensionen moderner Führung als Leader einen guten, erfolgsversprechenden Rahmen schaffen?
In dieser Workshop-Situation ist es wichtig, zwischen Phasen zu wechseln, wo man einerseits fokussiert auf ein Ziel oder einen Entscheid hinarbeitet, und andererseits Abschnitte, wo der Tunnelblick aufgelockert wird, um womöglich sehr relevante Beobachtungen anderer Kolleg:innen zuzulassen. Wir haben es also u.a. mit dem Spannungsfeld der Breite und Tiefe zu tun und müssen dieses navigieren.
Zu Beginn des Meetings ist es sinnvoll, die Macht bei sich als Workshop-Leitung zu konzentrieren, um klare Rahmenbedingungen und Zielsetzungen zu kommunizieren. In dieser Phase befinden wir uns also tendenziell auf der Seite des „Machthabers“ und Experten. Wer danach aber zu keiner Zeit auch anderen im Raum die Möglichkeit gibt, Expertise beizusteuern und währenddessen aktiv zuhört, wird mit Sicherheit keinen Erfolg haben. Wer davor zurückschreckt, am Anfang des Workshops als Leader hinzustehen und einen klaren Rahmen abzustecken, wird auch kein zufriedenstellendes Resultat erzielen. In diesem Beispiel sind wir also im Machtspektrum zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich positioniert.
Beim aktiven Zuhören lohnt es sich darauf zu achten, welche Art von Entscheidungsgrundlagen beigesteuert werden: Handelt es sich nur um anekdotisch-intuitives Wissen oder besteht eine Datengrundlage? Werden nur Daten geliefert, ohne darüber nachzudenken, was diese eigentlich bedeuten? Wie müssen die existierenden Entscheidungsgrundlagen angereichert werden, damit sie aussagekräftig sind? Eine moderne Führungskraft strebt an, daten- und erfahrungsbasiert zu entscheiden.
Ebenfalls ist es in diesem Beispiel eines strategischen Workshops wichtig, gut zu erkennen, wann im Verlauf der Diskussionen das visionäre Denken gefordert ist und wann das operativ-organisatorische. Der modernen Führungskraft kommt die moderierende Rolle zu, die Gruppe zwischen verschiedenen Ebenen wechseln zu lassen, so wie es die Situation erfordert.
Zum Schluss des Meetings sind Entscheidungen gefragt und das heisst automatisch auch Verantwortung übernehmen. Wer zu diesem Zeitpunkt die Entscheidungsmacht scheut und keine klaren Anweisungen oder Zuständigkeiten definiert, riskiert dass sich ein intensiver Workshop in Luft auflöst und wertvolle Ressourcen verschwendet wurden.
Das Beispiel des Strategie-Workshops zeigt, wie allein in einer alltäglichen Situation fliessend aber stets klar zwischen verschiedenen Führungsstilen gewechselt werden muss. Diese Anpassbarkeit der Führungsinstrumente auf die jeweilige Situation ist Teil moderner Führung. Deshalb ist moderne Führung fluid.
Zusammenfassung
In diesem Essay zu moderner Führung haben wir sieben Spannungsfelder zwischen traditionellen Führungselementen und aufkommenden, neuen Stilrichtungen kennengelernt und besprochen. Dazu gehören Spannungsfelder bezüglich des Umgangs mit Macht, Kommunikation, Wandel, Expertentum oder Perfektion.
Dabei wurde festgehalten, dass nicht per se der traditionelle oder der neuartige Führungsstil besser ist. Es geht darum, auf den Spektren der sieben Dimensionen für den jeweiligen Kontext den passenden Mix zu wählen. Moderne Führung ist fluide Führung.
Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe für moderne Führungskräfte und erfordert eine hohe Bereitschaft zur Selbstreflexion und zum Training in der Praxis. Dazu gehört auf der einen Seite das Aneignen von Führungskompetenzen und auf der anderen Seite die Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten.
Dem hohen Anspruch, alle sieben Führungsdimensionen auszubalancieren, werden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit nie genügen. Die Ausdifferenzierung der sieben Spannungsfelder bietet aber eine gute Orientierung, um als Führungskraft zu wachsen und gezielt in die eigene Transformation vom Manager hin zum Leader zu investieren. Sparkr begleitet Sie gerne dabei als Ihr persönlicher Sparring Partner für Leadership.
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Inspiration
Dieses Essay ist inspiriert von einem Beitrag in der Harvard Business Review von Jennifer Jordan, Professorin für Leadership an der Business School IMD in Lausanne. Im Beitrag von 2022 mit dem Titel „Finding the Right Balance – and Flexibility – in Your Leadership Style“ wird geschildert, wie die sieben in diesem Essay beschriebenen Spannungsfelder auf der Basis von Interviews mit 1000 Führungskräften identifiziert wurden. Dazu gibt es auch ein kompaktes Interview auf YouTube.
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